Die Umweltrisikobewertung für Pflanzenschutzmittel in aquatischen Ökosystemen wird in der Europäischen Union maßgeblich durch das aquatic guidance document (AGD) der EFSA bestimmt. Seit 2015 ist eine überarbeitete Version des AGD in Kraft, die unter anderem im Bereich der higher tier Risikobewertung regulatorische Neuerungen einführt.
Im Rahmen einer higher tier Risikobewertung kann die regulatory acceptable concentration (RAC) anhand von Daten aus aquatischen (Semi-)Freilandstudien (Mikro-/Mesokosmen) abgeleitet werden. Nach AGD ist dazu zunächst zu verifizieren, ob die in der Studie beobachteten Effekte bei einer realistischen Exposition mit der zu bewertenden Substanz aufgetreten sind. Maßgeblich dafür sind modellierte Expositionsprofile (der zeitliche Verlauf der zu erwartenden Konzentration in der Umwelt), mit denen die gemessene Dissipation der applizierten Testsubstanz verglichen wird, um festzustellen ob eine realistic to worst case Dissipation vorgelegen hat.
Abbildung 1: Gemessene Dissipation der Testsubstanz (schwarz, hier normiert auf den Peak des Expositionsprofils) in einer Freilandstudie im Vergleich mit einem modellierten Expositionsprofil (rot)
Die RAC kann anschließend nach der ecological threshold option (ETO) abgeleitet werden, bei der ausschließlich vernachlässigbare Effekte akzeptiert werden, oder aber nach der ecological recovery option (ERO), bei der anfängliche Effekte auf Populationsebene akzeptiert werden sofern eine vollständige Wiedererholung innerhalb von 8 Wochen nach der ersten Applikation demonstriert werden konnte. Zum Upgrade einer provisorischen zu einer offiziellen ERO-RAC bei Anwendung der ecological recovery option, sind nach AGD jene Expositionsperioden mit Konzentrationen über der ETO-RAC aber unter der ERO-RAC gesondert auszuwerten.
Abbildung 2: Modelliertes Expositionsprofil (rot) mit Expositionsperioden (blau schraffiert) zwischen ETO-RAC (schwarz) und ERO-RAC (blau)
Sowohl die Bewertung des Dissipationsverlaufs in (Semi-)Freilandstudien, als auch das Upgrade der ERO-RAC erfordern einen Vergleich von Studienergebnissen mit modellierten Expositionsprofilen. Für die Auswertung sind verschiedene Herangehensweisen denkbar, konkrete Vorgaben von behördlicher Seite gibt es bislang jedoch nicht. In diesem Projekt werden die neuen Anforderungen des AGD daher exemplarisch an einer repräsentativen Auswahl von Substanzen umgesetzt und mögliche Analyseverfahren evaluiert. Ziel ist die Entwicklung einer praxistauglichen Vorgehensweise, die in der regulatorischen Praxis der Risikobewertung nach EU Richtlinien eingesetzt werden kann.
Bei Fragen oder für weitere Informationen zu diesem Projekt können Sie uns jederzeit kontaktieren.
Publikationen:
- Ernst, J., Petschick, L., Nickel, J.P., Bereswill, R., Meller, M. & R. Debus (2015) Exposure profiles in aquatic mesocosm risk assessment. Poster, 20. Jahrestagung der SETAC GLB (Society of Environmental Toxicology and Chemistry - German Language Branch), Zürich, 7. – 10. September 2015.
- Ernst, J. (2015) Assessment of pesticide effects based on time-variable exposure in aquatic ecosystems. Master Thesis, Hochschule RheinMain.
Unsere Forschungspartner: