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Entwicklung zweier Sediment-Toxizitätstests mit Tubificiden und Chironomiden - Vergleich subletaler und letaler Effekte dreier Chemikalien

Titel:

Entwicklung zweier Sediment-Toxizitätstests mit Tubificiden und Chironomiden. Vergleich subletaler und letaler Effekte dreier Chemikalien.

Autoren:

Michael Meller

Jahr:

1996

Bibl. Angaben:

Diplomarbeit, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Stichwörter:

Anneliden, aquatische Oligochaeten, Tubificidae, Tubifex tubifex (Müller), Limnodrilus hoffmeisteri (Claparède), Insecta, Chironomidae, Chironomus riparius, künstliches Sediment, letale und sublethale Effekte, Hexachlorbenzol (HCB), Lindan (gamma-Hexachlorcyclohexan, HCH), Kupfersulfat (CuSO4), Equilibrium Partitioning

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Zusammenfassung

Für Schlammröhrenwürmer der Arten Tubifex tubifex (Müller) und Limnodrilus hoffmeisteri (Claparède) und Larven der Zuckmücke Chironomus riparius (Meigen) wurden Sediment-Toxizitätstests entwickelt. Als einfach, schnell und kostengünstig durchzuführende 72h-Kurzzeittests erlauben sie die Erfassung subletaler Effekte und somit eine Bewertung der toxischen Wirkung von sedimentgebundenen Chemikalien auf benthische Organismen über die akute Mortalität hinaus.

Das als Testsubstrat eingesetzte künstliche Sediment gewährleistet Überleben, Wachstum und Reproduktion von Tubificiden und Chironomiden. Es ist ausreichend reproduzierbar herzustellen und ist nach dem heutigen Stand der Forschung als Standardsubstrat geeignet. Die Schwankungen der physikalisch-chemischen Parameter des Sediment-Wasser-Testsystems im Laufe der Expositionsphase von < ± 20% sind akzeptabel und hatten keine offensichtlichen Auswirkungen auf die Testergebnisse.

In Experimenten mit dotiertem künstlichem Sediment wurden die Testsysteme validiert und die Toxizität von Lindan (gamma-Hexachlorcyclohexan), Hexachlorbenzol und Kupfer(II)sulfat ermittelt. In diesen Versuchen wurden geringe letale Wirkungen von Lindan auf die Tubificiden T.tubifex und L.hoffmeisteri (LC50 > 1000 mg/kg), jedoch starke subletale Effekte beobachtet (EC50 (Autotomie) 172 bzw. 200 mg/kg, EC50 (Sedimentmeidung) 217 bzw. 224 mg/kg und NOEC (Grabaktivität) 8 bzw. 1,6 mg/kg). Aufgrund der insektiziden Wirkung von Lindan wurden wesentlich niedrigere Effektkonzentrationen für das 1. Larvalstadium von C.riparius festgestellt (LC50 0,45 mg/kg; NOEC (Wachstum) 0,08 mg/kg). Für HCB wurden weder letale noch subletale Wirkungen auf Tubificiden und Chironomiden beobachtet. Alle 3 Testspezies waren vergleichbar tolerant gegenüber Kupfersulfat (T. tubifex: LC50 > 1000 mg/kg; EC50 (Autotomie) 601 mg/kg; EC50 (Sedimentmeidung) 547 mg/kg; NOEC (Grabaktivität) 62,5 mg/kg; L. hoffmeisteri: LC50 516 mg/kg; EC50 (Autotomie) 349 mg/kg; EC50 (Sedimentmeidung) 392 mg/kg; NOEC (Grabaktivität) 62,5 mg/kg; C. riparius: LC50 > 1000 mg/kg; NOEC (Wachstum) 125 mg/kg).

Es konnte für beide Tubificidenarten gezeigt werden, dass das Auftreten von Autotomie sowie die Verhaltensparameter Sedimentmeidung und Grabaktivität als aussagekräftige sowie ausreichend reproduzierbare, subletale Endpunkte geeignet sind. Das Verhältnis der letalen zu den subletalen Effekten (Grabaktivität), ausgedrückt als Sublethal Sensitivity Index (SSI), für T. tubifex und L. hoffmeisteri betrug bei Lindan > 125 bzw. > 625 und bei Kupfersulfat > 16 bzw. 8.

Für Chironomiden gewährleistet die im Rahmen dieser Diplomarbeit entwickelte Methode einen quantitativen Wiederfund der am Testende 5 - 6 Tage alten Larven aus dem Sediment von > 95%. Das Verfahren ermöglicht es erstmals das 1. Larvalstadium, den empfindlichsten Lebensabschnitt von Chironomiden, in Kurzzeit-Sedimenttests einzusetzen und durch eine optimale Futterdosierung testsubstanzbedingte Wachstumshemmungen festzustellen. Das Verhältnis der letalen zu den subletalen Effekten des Endpunktes Wachstum (SSI) betrug bei Lindan 6 und bei Kupfersulfat > 8.

Für nichtionische, lipophile Chemikalien erlaubt das EqP-Modell eine erste Abschätzung der Verteilung zwischen partikelassoziiertem und im Porenwasser gelöstem Stoff. Am Beispiel Lindan wurden die Porenwasserkonzentrationen im Sediment abgeschätzt und die darauf basierenden Toxizitätsdaten für T. tubifex und C. riparius den Ergebnissen der zusätzlich durchgeführten Wassertests gegenübergestellt. Eine erstaunliche Übereinstimmung der sich entsprechenden EC50- bzw. LC50-Werte deutet auf die Aufnahme von Lindan aus dem Porenwasser als wichtigsten Expositionspfad. Jedoch konnte gezeigt werden, dass eine Vorhersage der Toxizität von mit Chemikalien belasteten Gesamtsedimenten durch Wassertests mit Benthonten zu einer Unterschätzung des Gefährdungspotentials des zu untersuchenden Stoffes führen kann. Zum einem können benthische Testorganismen, z.B. Tubificiden, sich aktiv durch Sedimentmeidung dem Porenwasser entziehen und zum anderen sind die im Sedimenttest ermittelbaren subletalen Effekte (z.B. Grabaktivität und Wachstum) wesentlich sensitiver als die in Wassertests in der Regel erfaßbaren letalen Wirkungen.

Die entwickelten Methoden stellen durch die Erfassung subakuter Wirkungen und den Einsatz des sensitivsten Entwicklungsstadiums von Chironomiden in Kurzzeittests eine wichtige Ergänzung der gegenwärtig verfügbaren Sedimenttests dar. Möglichkeiten ihrer Einordnung und Nutzung im Rahmen einer ökotoxikologischen Teststrategie für dieses wichtige Umweltkompartiment werden diskutiert.
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